Gender Bias

Vor ein paar Tagen ist mir der Global Gender Gap Report des World Economic Forum in die Hände gefallen. Da mich das Thema beruflich wie auch privat als Vater dreier Töchter schon lange beschäftigt, dachte ich mir: eine gute Gelegenheit, um darüber zu schreiben.

Herausgreifen möchte ich das Thema Führungspositionen. Global befinden sich fast 3x mehr Männer als Frauen in Führungspositionen, in Deutschland fast 2,5x mal mehr – obwohl hier inzwischen genauso viele Frauen wie Männer arbeiten (wir liegen damit an Position 89 weltweit).

Dieses Ungleichgewicht ist kein neues oder unbekanntes Phänomen. Sie finden im Netz viele Artikel, die Auswirkungen, Maßnahmen oder Hintergründe beschreiben (u.a. Sammlungen bei HBR, McKinsey, Catalyst.org).

Als Organisationscoach interessieren mich insbesondere die zugrunde liegenden Muster und Gewohnheiten, die dazu führen, dass sich diese Situation anscheinend so schwer verändern lässt. Eine wesentliche, tief eingeprägte und in der Regel unbewußte Gewohnheit, auf die ich Licht werfen will, ist der Gender Bias, am bekanntesten vielleicht in der Form des double bind:

Weitere Formen sind (u.a. nachzulesen bei Joan C. Collins):

  • „maternal wall“ (sobald eine Frau Mutter wird, ist es „unnatürlich“ für sie zu arbeiten),
  • „prove it again“ (Frauen werden nach Leistung, Männer nach Potential beurteilt)
  • „gender wars“ (Kämpfe unter Frauen und zwar je nachdem, ob sie sich der männlich dominierten Arbeitswelt anpassen oder nicht).

Psychologisch gesehen ist der Gender Bias eine Verhaltensweise, ein Rollenmuster, eine Gewohnheit, die sich im Unterbewußtsein verankert hat. Sie verhalten sich automatisch so, ohne sich dessen bewußt zu werden. Die Wirkung in einer Organisation ist nicht zu unterschätzen. Veränderungsimpulse von Einzelnen oder auch kleinen Gruppen werden beständig wieder zurückgestoßen

Um solche Gewohnheiten zu verändern benötigen Sie in der Regel mehrere Schritte: Sie müssen sich ihrer bewußt werden, Sie müssen sie ändern wollen, und Sie müssen mit Unterstützung viel, viel üben. Das braucht schon viel Aufwand für mich alleine in der physischen Welt: Wenn ich beim Basketball meine Wurftechnik ändern will, zeigt mir ein Trainer eine Videoaufnahme von mir, ich entwickle Ehrgeiz, er zeigt mir wie es anders geht, und läßt mich wochen- oder monatelang üben. In einer Gruppe und mit sozialem Verhalten ist dies mindestens so herausfordernd…

Wie sehen Sie das? Wo ist Ihnen der Gender Bias schon einmal begegnet? Für wie relevant halten Sie ihn? Wie würden Sie ihn verändern?