Führungsmuster

Dieses Mal kommt ein wenig der Historiker aus mir heraus. Ich möchte einen Artikel wertschätzen, der vor 64 Jahren im Harvard Business Review erschienen und mir bei der Vorbereitung eines Workshops wieder in die Hände gefallen ist. Es geht um „Demokratisch oder Autoritär“ (im Original „How to choose a leadership pattern“) von Robert Tannenbaum und Warren Schmidt, einem der meistgelesenen HBR Artikel.

Der Artikel strukturiert Führungsmuster nach der zugestandenen Entscheidungsfreiheit für die Mitarbeitenden: von „Manager entscheidet und verkündet“ bis „Team/Mitarbeiterinnen entscheiden selbstständig innerhalb eines Rahmens“.

Er zeigt Faktoren auf, die dabei helfen, das jeweilige Führungsverhalten passend auszuwählen:

  • Managerpräferenzen und Eigenschaften (eigene Werte und Stil, Vertrauen und Sicherheit)
  • Neigungen der Mitarbeitenden, die eine größere Entscheidungsfreiheit begünstigen (Unabhängigkeitsbedürfnis, Verantwortungsbereitschaft, Probleminteresse, Ambiguitätstoleranz, notwendige Erfahrung)
  • Situationsfaktoren (Art des Unternehmens, Gruppeneffektivität, die Problemstellung, der Zeitdruck).

Weiterhin werden hier Fragen diskutiert, die bei dieser Einteilung auftauchen können und der Artikel schließt mit Empfehlungen zur Langfriststrategie.

Was fasziniert mich an dem Artikel?
Es macht erst einmal einfach Spaß den Ursprungsartikel in seiner inhaltlichen Dichte und Präzision zu lesen – auch wenn es einige „alte“ Wörter gibt. Inhaltlich skizziert er aus meiner Sicht fast alle relevanten Faktoren, die auch heute noch die Diskussionen über moderne Führung, selbstführende Teams und innovative Führungsstrukturen beeinflussen.
Darüber hinaus schlägt er in seinem Fazit eine Richtung ein, die auch heute im „progressiven“ Sinne als Leitlinie gelten könnte und zwar sowohl, was die (wissenschaftlich fundierten) Ziele guter Führung sein sollten (Mitarbeitende in den Mittelpunkt stellen, Motivation und Änderungsbereitschaft, Teamwork,…), als auch mit seiner Empfehlung, dass es einen guten Manager auszeichnet, den jeweils passenden Führungsstil zu finden.
Und schließlich belebt er einige alte Fragen, die ich mir immer wieder stelle: Wieviel „Neues“ steckt in den „neuen“ Organisationsideen? Wie viel hilft die Entdeckung des Vergangenen für die Veränderungen der Zukunft? Warum brauchen manche Dinge, die scheinbar so offensichtlich sind, solange bis sie sich durchsetzen?

Wie sehen Sie den Artikel? Können Sie meine Faszination nachvollziehen? Welche 1-2 Impulse ziehen Sie daraus? Wo glauben Sie, dass Sie aus der Vergangenheit Qualitäten für die Zukunft und ganz neue Herausforderungen finden können?